Bundesfinanzhof hat verfassungsrechtliche Zweifel an 6% Aussetzungszinsen

Frankfurt am Main
06. Oktober 2024
Besteht Streit über die Höhe der Steuer, so führt dies im Grundsatz nicht dazu, dass der strittige Steuerbetrag nicht gezahlt werden muss. Vielmehr gilt, dass wenn die Auseinandersetzung über die Höhe der Steuer später zu Gunsten des Steuerpflichtigen ausgeht, dieser die zu viel gezahlte Steuer zurückerhält. Diese Steuerrückzahlung wird dann auch zu Gunsten des Steuerpflichtigen verzinst und zwar aktuell (seit 01. Januar 2019) mit 0,15 % für jeden Monat, also 1,8 % p.a.
Der Steuerpflichtige kann Einspruch gegen einen Steuerbescheid aber auch mit einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung verbinden. Bestehen dann ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des strittigen Steuerbetrags, so ist dieser zunächst nicht zu zahlen, bis die Höhe der Steuer umfassend geprüft und geklärt ist, also das Rechtsbehelfsverfahren durch Entscheidung, Rücknahme oder Abhilfe beendet wird. Geht dieses Verfahren zu Lasten des Steuerpflichtigen aus, so ist der ausgesetzte Steuerbetrag nachzuzahlen. Dies ist dann verbunden mit Aussetzungszinsen. Gesetzlich sind diese aktuell mit 0,5 % je Monat, also 6 % p.a., festgelegt.
Der Bundesfinanzhof hat nun verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Aussetzungszinsen geäußert.
Er erkennt eine verfassungsrechtlich nicht gebotene Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die die Aussetzung der Vollziehung beantragen und damit das Risiko eingehen, im Fall eines erfolglosen Rechtsbehelfs 0,5 % pro Monat an Zinsen zu zahlen, verglichen mit Steuerpflichtigen, die den Rechtsbehelf führen, den streitigen Steuerbetrag aber entrichten.
Im zu Grunde liegenden Urteilsfall ging es um Aussetzungszinsen für den Zeitraum 01. Januar 2019 bis 15. April 2021. Diese verfassungsrechtliche Frage legte der Bundesfinanzhof nun mit Beschluss vom 08. Mai 2024 (Aktenzeichen VIII R 9/23) dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.
Der Bundesfinanzhof hält einen Zinssatz für die Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung i.H.v. 0,5 % pro Monat im maßgeblichen Zeitraum für verfassungswidrig. Zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist der gesetzliche Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen.
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Abzuwarten bleibt nun die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Entsprechende Zinsfestsetzungen sollten verfahrensrechtlich offen gehalten werden. Steuerpflichtigen ist daher anzuraten, gegen die Zinsfestsetzungen des Finanzamts Einspruch einzulegen.