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Akteneinsicht im Steuerprozess gegen das Finanzamt

  • Autorenbild: Patricia Lederer
    Patricia Lederer
  • vor 5 Tagen
  • 2 Min. Lesezeit

Finanzgericht Münster gewährt Aussetzung der Vollziehung, weil das Finanzamt entscheidende Prüfungsunterlagen nicht vorgelegt hat.


Steuerbescheid Mustereinspruch

Frankfurt am Main

13. Dezember 2025

Akteneinsicht im Steuerprozess: Finanzgericht stoppt Vollziehung


Die Akteneinsicht im Steuerprozess gegen das Finanzamt ist für die gerichtliche Überprüfung von Steuerbescheiden von zentraler Bedeutung. Gerade bei Schätzungen, Steuerfahndungsfällen und verdeckten Gewinnausschüttungen entscheidet sich häufig erst anhand der Aktenlage, ob ein Steuerbescheid rechtmäßig ist. Ein aktueller Beschluss des Finanzgerichts Münster zeigt deutlich: Legt das Finanzamt dem Gericht die maßgeblichen Unterlagen nicht vor, kann dies zur vollständigen Aussetzung der Vollziehung führen.


Aussetzung der Vollziehung wegen unzureichender Aktenvorlage

Das Finanzgericht Münster hat mit Beschluss vom 29.09.2025 entschieden, dass die Vollziehung geänderter Einkommensteuerbescheide auszusetzen ist, wenn das Finanzamt im gerichtlichen Verfahren keine ausreichenden Prüfungsunterlagen vorlegt, obwohl diese Grundlage der Besteuerung sind.

Im konkreten Fall ging es um Einkommensteuerbescheide, die auf Hinzuschätzungen aus einer Steuerfahndungsprüfung und einer Betriebsprüfung beruhten. Die entscheidenden Prüfungsberichte und Auswertungsdaten wurden dem Gericht jedoch nicht vorgelegt.


Sachverhalt: Hinzuschätzungen ohne nachvollziehbare Aktenbasis

Der Antragsteller war Gesellschafter zweier GmbHs, die Spielhallen betrieben. Bei einer Gesellschaft wurde eine Steuerfahndungsprüfung durchgeführt, bei der anderen eine Betriebsprüfung. Parallel liefen Steuerstrafverfahren.

Nach Abschluss der Prüfungen nahm das Finanzamt Hinzuschätzungen vor und behandelte diese als verdeckte Gewinnausschüttungen beim Gesellschafter. Auf dieser Grundlage erließ es geänderte Einkommensteuerbescheide für mehrere Jahre.

Gegen diese Bescheide legte der Steuerpflichtige Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt gewährte diese jedoch nur teilweise, sodass der Steuerpflichtige das Finanzgericht anrief.


Entscheidung des Finanzgerichts: Gericht kann Bescheide nicht pruefen

Das Finanzgericht Münster gab dem Antrag statt und setzte die Vollziehung vollständig aus. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide bestünden.

Entscheidend war, dass dem Gericht nahezu keine Unterlagen vorlagen, anhand derer es die Hinzuschätzungen und deren Höhe hätte prüfen können. Weder die Prüfungsberichte noch die Berechnungen, auf die sich das Finanzamt berief, wurden vorgelegt.

Das Gericht stellte klar, dass auch im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung zumindest die zentralen Prüfungsunterlagen vorzulegen sind. Diese stellten das absolute Mindestmaß dar.


Akteneinsicht im Steuerprozess gegen das Finanzamt

Besonders deutlich ist die verfahrensrechtliche Einordnung des Gerichts: Ohne Vorlage der maßgeblichen Unterlagen ist eine gerichtliche Kontrolle nicht möglich. Damit wird zugleich der Anspruch des Steuerpflichtigen auf effektiven Rechtsschutz beeinträchtigt.


Das Finanzamt trägt die objektive Feststellungslast für steuerbegründende Tatsachen. Kommt es dieser Pflicht nicht nach, geht dies zu seinen Lasten. Der bloße Hinweis, dem Steuerpflichtigen seien Daten im Rahmen einer Akteneinsicht zur Verfügung gestellt worden, genügt nicht. Maßgeblich ist allein, welche Unterlagen dem Gericht vorliegen.


Bedeutung für Verfahren gegen das Finanzamt

Der Beschluss hat erhebliche praktische Bedeutung:

  • Akteneinsicht ist kein formaler Nebenaspekt, sondern verfahrensentscheidend

  • Fehlende oder lückenhafte Akten können zur vollständigen Aussetzung der Vollziehung führen

  • Gerade bei Schätzungen und verdeckten Gewinnausschüttungen ist die Nachvollziehbarkeit der Berechnung zwingend erforderlich


Für Steuerpflichtige und ihre Berater bedeutet dies, dass im Einspruchs- und Klageverfahren genau zu prüfen ist, ob und in welchem Umfang das Finanzamt dem Gericht tatsächlich Akten vorgelegt hat.


Fazit: Akteneinsicht ist Pflicht, nicht Entgegenkommen

Der Beschluss des Finanzgerichts Münster macht klar: Ohne nachvollziehbare Aktenbasis kann das Finanzamt seine Bescheide im gerichtlichen Verfahren nicht absichern. Die Akteneinsicht ist damit ein zentrales Instrument zur Durchsetzung effektiven Rechtsschutzes in Steuerverfahren gegen das Finanzamt.


Quelle





 
 

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Geschäftsführerin Patricia Lederer

Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht

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