Die erste Musterklage gegen die neue Grundsteuer ist vor Gericht. Was Immobilienbesitzer jetzt wissen sollten

Frankfurt am Main
20. Januar 2023
Die neue Grundsteuer steht jetzt vor Gericht. Die erste Musterklage ist eingereicht - unterstützt vom Bund der Steuerzahler und vom Verband Haus und Grund. Die Gerichte müssen jetzt entscheiden:
Verstößt die neue Grundsteuer gegen das Grundgesetz?
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Grundsteuerreform 2022 werden immer lauter. Der Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 Grundgesetz könnte verletzt sein. Denn im Steuerrecht gilt:
Gleiches muss gleich und Ungleiches muss ungleich behandelt werden.
Doch genügt die neue Grundsteuer diesen Anforderungen? Behandelt die Grundsteuer nicht Ungleiches gleich?
Auch das Prinzip der Leistungsfähigkeit
- eines der steuerrechtlichen Grundprinzipien -
könnte verletzt sein.
Kritiker bemängeln, dass die Grundsteuer nicht an der Leistungsfähigkeit von Immobilieneigentümern ausgerichtet ist. Das gilt sowohl für den Grundsteuermessbetrag vom Finanzamt als auch für den Hebesatz, den die Städte und Gemeinden festlegen. Die Gemeinden beginnen schon jetzt, den Hebesatz zu erhöhen - unabhängig davon, ob Immobilieneigentümer finanziell in der Lage sind, die neue Grundsteuer zu bezahlen.
Ein weiterer rechtlicher Angriffspunkt ist der sogenannte Bodenrichtwert. Dieser fließt ebenfalls in die Berechnung für die neue Grundsteuer hinein.
Aber wer ermittelt diesen Bodenrichtwert?
Worauf basiert der Bodenrichtwert?
Was ist die Berechnungsgrundlage?
Fakt ist: Den Bodenrichtwert ermitteln die sogenannten Gutachterausschüsse in den Städten und Gemeinden. Der Bodenrichtwert ist eine Schätzmethode, orientiert sich aber auch an den Immobilienverkäufen. Welche Immobilie für wieviel Euro verkauft wird melden die Notare automatisch ans Finanzamt.
Auch hier gilt: Ist das Grundgesetz verletzt?
Findet das Prinzip der Leistungsfähigkeit Berücksichtigung?
Ist der Bodenrichtwert gleich und gerecht für alle ermittelt?
Ist die Berechnungsgrundlage transparent und hinreichend bestimmt?
Diese rechtlichen Zweifel an der neuen Grundsteuer sind nicht von der Hand zu weisen. Jetzt müssen die Gerichte entscheiden. Die Prozesse starten bei den Finanzgerichten. Denn diese Gerichte sind zuständig für die Steuerbescheide vom Finanzamt. Dass die nächst höhere Instanz - der Bundesfinanzhof in München - eine Entscheidung fällen muss, ist abzusehen. Mit Blick auf die verfassungsrechtlichen Zweifel wird die neue Grundsteuer letztlich beim Bundesverfassungsgericht landen.
Betroffenen Immobilieneigentümern ist daher zu raten, gegen die Grundsteuerbescheide des Finanzamts Einspruch einzulegen. Mit dem Einspruch lässt sich vermeiden, dass die Steuerbescheide bestandskräftig werden und dagegen nichts mehr auszurichten ist. Der Einspruch sollte die rechtlichen Defizite der neuen Grundsteuer klar aufzeigen. Diese bestehen so lange bis die Grundsteuer in höchster Instanz vor den Gerichten Bestand hat - oder auch nicht.