Der Bundesfinanzhof hat entschieden: Fehler in der Postzustellungsurkunde gehen zulasten des Finanzamts
Bundesfinanzhof
14. Februar 2019
LedererLaw wieder erfolgreich mit Beschwerde wegen Falschbeurkundung in der Postzustellungsurkunde
Der Fall
Darum dreht sich der Streit: Der Kläger verlangt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Nichtzustellung einer Einspruchsentscheidung des Finanzamts gegen vermeintliche Postzustellungsurkunde.
Das Finanzamt stellte die Einspruchsentscheidung mit angeblichem Datum vom 19.12.2012 unter dem 20.12.2012 vermeintlich an die klägerische Prozessbevollmächtigte zu. Selbige bestritt die Zustellung dezidiert und unter Beweisantritten. Die seitens der Vollstreckungsabteilung angeregte Zustellungswiederholung scheiterte an der Intervention der Rechtsbehelfsstelle.
Das Finanzgericht München schloss sich der Auffassung des Finanzamts an und wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück. Der Bundesfinanzhof gab daraufhin der Nichtzulassungsbeschwerde statt und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück. Das Finanzgericht folgte dem Bundesfinanzhof jedoch nicht und wies den Wiedereinsetzungsantrag erneut ab. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesfinanzhof war ein weiteres Mal erfolgreich.
Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Das angefochtene Urteil beruhe auf einem Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO); es verletze den klägerischen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO).
Im ersten Rechtszug bestätigte der Bundesfinanzhof den Verfahrensmangel. Ein solcher liege nach ständiger BFH-Rechtsprechung vor, wenn das Finanzgericht aufgrund vorweggenommener Beweiswürdigung ohne entsprechende Sachverhaltsaufklärung und entgegen einem Beteiligtenvortrag von einem bestimmten Sachverhalt ausgeht.
Im zweiten Rechtszug entschied der Bundesfinanzhof, dass das Finanzgericht nach durchgeführter Beweisaufnahme von Mutmaßungen und Unterstellungen zulasten des Klägers ausgeht, die die Beweiswürdigung nicht tragen können.
Für den dritten Rechtszug weist der Bundesfinanzhof das Finanzgericht darauf hin, dass von einer unwirksamen Zustellung ausgegangen werden muss. Die Beweislast für den Zeitpunkt der Zustellung trage das Finanzamt.
Fazit
Der Bundesfinanzhof hat ein weiteres Mal die Waffengleichheit im Prozess vor den Finanzgerichten gestärkt.
Das Finanzgericht muss die Beweisaufnahme durchführen; das Ergebnis einer „fiktiven“ Beweisaufnahme darf das Finanzgericht nicht vorwegnehmen. Führt das Finanzgericht die Beweisaufnahme durch, so verbieten sich Mutmaßungen und Unterstellungen in der Beweiswürdigung.
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