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  • AutorenbildPatricia Lederer

Finanzamt darf nicht schätzen wie es will! Neues Urteil!

Der Bundesfinanzhof spricht ein Machtwort. Das stellt die Betriebsprüfung auf den Kopf.



Betriebsprüfung

10. März 2023

 

Wenn der Prüfer vom Finanzamt kommt, droht vielen Unternehmen die Schätzung. Das gilt vor allem in Betrieben, die viel mit Bargeld zu tun haben. Denn wo viel Bares im Spiel ist, läuft auch viel an der Steuer vorbei - so jedenfalls die Vermutung beim Finanzamt. Die Beamten greifen daher bei der Betriebsprüfung zur Schätzung. Sie schätzen die Umsätze und Gewinne des Unternehmens. Das bringt hohe, oftmals existenzbedrohende Steuernachzahlungen mit sich.

Das höchste deutsche Steuergericht hat jetzt ein Machtwort zum Thema Schätzung gesprochen.

Denn die Schätzung basiert meist auf der sogenannten Richtsatzsammlung. Darin stehen die durchschnittlichen Richtsätze, die Unternehmen in bestimmten Branchen in Deutschland angeblich erzielen. Firmen, die diese Richtsätze nicht erreichen, werden geschätzt. Die Richtsatzsammlung gibt das Bundesfinanzministerium jedes Jahr heraus.


Der Bundesfinanzhof meldet in seinem erst jetzt veröffentlichten Beschluss vom 14. Dezember 2022 klare Zweifel an dieser Richtsatzsammlung an. Denn wie jede andere Statistik auch muss die Richtsatzsammlung ein vollständiges und faires Bild liefern. Aber tut sie das?


In die Richtsatzsammlung fließen Daten von Firmen ein, die das Finanzamt geprüft hat. Einschließlich der Umsätze, Gewinne, Schätzungen und Steuernachzahlungen. Jedoch: Was ist mit Firmen, die Verlust machen? Die gegen die Schätzung klagen? Gewichtet die Richtsatzsammlung alle Firmen gleich, unabhängig davon in welchem Bundesland sie ansässig sind, ob sie in einer Großstadt sind oder in einer kleineren Gemeinde? Diesen entscheidenden Maßstäben muss die Richtsatzsammlung genügen.

Das Bundesfinanzministerium muss dem Gericht hierzu Rede und Antwort stehen.

Rechtstechnisch geschieht das so: Der Bundesfinanzhof fordert das Bundesministerium der Finanzen zuerst auf, dem Revisionsverfahren beizutreten. In diesem Prozess dreht sich der Streit um die Richtsätze als geeignete Schätzungsgrundlage (Aktenzeichen X R 19/21). Weiterhin fordert der Bundesfinanzhof Antworten:

  • Welche Daten fließen mit welchem Gewicht in die Richtsatzsammlung ein?

  • Wie stellt das Bundesfinanzministerium die Repräsentativität der Daten sicher?

  • Gibt es Betriebe, die von vornherein ausgeschlossen sind?

  • Steht die regional unterschiedliche Höhe betrieblicher Fixkosten der Festlegung bundeseinheitlicher Richtsätze entgegen?

  • Weshalb bleiben die Ergebnisse steuerlicher Außenprüfungen bei Verlustbetrieben unberücksichtigt, obwohl auch solche Betriebe grundsätzlich einen positiven Rohgewinnaufschlagsatz ausweisen?

  • Finden erfolgreiche Einsprüche und Klagen gegen die Schätzung in der Außenprüfung Eingang in die Richtsatzsammlung?

  • Wie kann der Steuerpflichtige eine Schätzung auf Grundlage der Richtsatzsammlung nachvollziehen und überprüfen, insbesondere im Hinblick auf die Daten, die der Richtsatzsammlung zugrunde liegen?


Das Bundesfinanzministerium muss diese Fragen jetzt beantworten. Bis dahin gilt:


Steuerpflichtige brauchen die Schätzung in der Betriebsprüfung nicht akzeptieren.


Weder als Verhandlungsbasis für einen Deal mit dem Finanzamt. Noch in den Steuerbescheiden nach der Betriebsprüfung. Betroffenen ist daher zu raten, Einspruch gegen den Steuerbescheid einzulegen. Und in Verhandlungen mit dem Betriebsprüfer keine Schätzungen zu akzeptieren. Sondern sich auf den Musterprozess vor dem Bundesfinanzhof zu berufen.


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